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Montag, 3. Oktober 2011

Hello Greece! Wo ist unser Geld geblieben?

Da nun heftigst um das zweite Hilfspaket für Griechenland gerungen und gestritten wird, darf die Frage erlaubt sein, wohin den das erste eigentlich verschwand. Nicht in die Taschen von Kostas Mpichtas und seinen Kunden jedenfalls, das ist klar.

Am Tag, an dem das deutsche Geld nach Griechenland kommt, sperrt Kostas Mpichtas um halb acht seinen kleinen Laden am Hafen von Piräus auf, wie jeden Morgen. Er rückt Kisten mit Tomaten zurecht, räumt Milchtüten in die Regale und Schokolade für die Kinder. Schon als kleiner Junge lief er in diesem Laden herum, der vor ihm seinem Vater gehörte und davor seinem Großvater. Heute ist Kostas Mpichtas ein 40-jähriger, etwas dicklicher Mann, und er ist der Pleite nahe. So wie sein Land.
Die große griechische Krise, sagt Mpichtas, begegne ihm jeden Tag. Sie kommt mit seinen Kunden, mit den Hausfrauen und Hafenarbeitern: Sie reden mit ihm. Sie schauen sich um. Sie kaufen nichts mehr.

Nun befindet sich Mpichtas aber in freudiger Erwartung. Das erste Hilfspaket steht an: 110 Milliarden Euro. Mpichtas erwartet sich einen massive Aufschwung der Kaufkraft und somit Belebung seines Geschäfts. Dadurch erhöhe sich sein Steuerbeitrag und es kommt mehr Geld in den griechischen Fiskus, so meinte er.

An einem Abend drei Monate später sperrt Kostas Mpichtas seinen Laden zu. Er hat ein paar Gurken verkauft, Tomaten, Milch, Käse. Der Tag war so wie jeder andere Tag seit Beginn der Krise. Genauso schlecht.
Das Geld der europäischen Steuerzahler ist an Kostas Mpichtas und dessen Kunden vorbeigeflossen. Jemand anders muss es bekommen haben. Aber wer?

Schauen wir mal Step by Step, was mit dem Geld geschah.

Das Land stand kurz vor dem Staatsbankrott, doch auf Waffen wollte die griechische Regierung nicht verzichten. Jahrelang hat sie Leopard-Panzer und U-Boote geordert - vor allem made in Germany. Und die Shoppingtour geht weiter.

Nun gut, das „wollte“ kann ich nicht unterschreiben. Deutsche und Franzosen bestanden auf die Einlösung ihrer Verträge. Die Waffenlobby ist sehr mächtig und bestand darauf, dass das erste Hilfspaket der Griechen an die Einhaltung der Verträge gebunden wird. Ansonsten hätte die Waffen-Industrie massive Verluste erlitten und das wäre furchtbar – in unserem widerlichen System jedenfalls.

Es blieb aber noch eine Menge Kohle über, was geschah damit?

Das Geld erhielt die griechische Zentralbank. Deren oberste Priorität ist es, die griechische Zinsschuld zu begleichen. Also geht ein guter Teil des Geldes an die griechischen Banken. Diese haben den Staat immer wieder Geld geliehen. Danach mussten die Zinsen für die Anleihen bezahlt werden. Doch wer sind die Besitzer dieser Anleihen? Etwa europäische Banken und Versicherungen, die sich jahrelang dumm und dämlich an den griechischen Anleihen verdienten? Nein!
Diese haben sich klammheimlich von ihren Anleihen getrennt, als es brenzlig wurde.

Die deutschen Banken, die zu den größten Gläubigern Griechenlands gehören, haben offenbar in den letzten Monaten klammheimlich einen beträchtlichen Teil ihres Investments in die mittlerweile auf Ramschstatus gesunkenen Staatsanleihen abgestoßen. Auch Versicherer flüchten.

Mit den deutschen, verabschiedeten sich freilich auch die Investoren aus anderen Ländern. NACHDEM sie sich noch aus dem Topf des ersten Hilfspakets bedienten, ist doch klar. 
Doch wer kaufte diesen Schrott noch? Es war doch abzusehen, dass Griechenland seine Schuld nicht begleichen kann.

Der Kauf von Staatsanleihen hochverschuldeter Euro-Länder durch die EZB sorgt nach SPIEGEL-Informationen für erhebliche Irritationen.
Insgesamt hat die Hüterin des Euro bis Ende vergangener Woche fast 40 Milliarden Euro für die Schuldtitel ausgegeben....

Aha, die EZB also. Die EZB trägt zwar das Wort „Bank“ in ihrem Namen, ist aber eher als Institut zu bezeichnen, da der Steuerzahler für dieses Gebilde haftet.

Es ist immer das selbe Spiel. Das Geld fließt in die Hände privater Investoren, wenn es aber brenzlig wird, verabschieden sich diese. Nach dem ersten Hilfspaket haben sie sich nochmals ordentlich am Geld der Steuerzahler gütlich gemacht, dann verkauften sie ihre Anleihen.
Gewinne werden privatisiert – Verluste muss die Allgemeinheit tragen. Daher wird jetzt ernsthaft überlegt, die Griechen pleite gehen zu lassen. Die erste Tranche war nur ein Zeitgewinn, damit die wahren Herrscher unserer Gesellschaft ihre Anleihen abstoßen konnten. Des Weiteren floss noch Geld zu den mächtigen Konzernen der Rüstungs-Industrie.

Zu schlechter Letzt, betrachten wir die Gewinner und Verlierer dieses grausamen Spiels.

Gewinner:

Banken und Versicherungen: In guten Zeiten mächtig verdient, in schlechten konnten sie ihre Papiere einfach abwerfen.

Rüstungs-Industrie: Für sie lief alles weiter, als wäre nichts gewesen.

Die Troika (IWF, EZB, EU): Sie darf sich nun als Herrscher über das griechische Volk wähnen.


Verlierer:
Das griechische Volk: Nur 3 Prozent des Hilfspakets kam ihnen zu gute. Dafür verloren sie aber (in Form von Privatisierungen) die Hoheit über den Staatsbesitz. Rechnet man diese beiden Werte auf, haben die Griechen wahrlich ein schlechtes Geschäft gemacht.
Außerdem wurden massive Einschnitte, also Lohndumping und Sozialabbau, getätigt. Ebenfalls wurde ihre Demokratie heftig beschnitten, man könnte fast sagen, außer Kraft gesetzt.

Der europäische Steuerzahler: Er musste mit seinem Geld indirekt die Banken retten und zur „Belohnung“ bekam er den Hauptteil der griechischen Staatsschuld aufgebürdet.

Peter van Dorren

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